Reverse Recruiting
Bewerbungsverfahren in Gegenrichtung

Reverse Recruiting: Bewerbungs­verfahren in Gegenrichtung

Hände mit Tastatur und Grafik für Recruiting

Der demografische Wandel, rasante technologische Entwicklungen und die Krisen der letzten Jahre haben den Fachkräftemangel in Deutschland weiter verstärkt. Personaler müssen mit dem daraus resultierenden “War of Talents” umgehen. Sie benötigen innovative Strategien, um geeignete Bewerber für ihre offenen Stellen zu finden und erfolgreich zu rekrutieren. Eine dieser Strategien ist das “Reverse Recruting”. Es dreht das Schema des Bewerbungsprozesses um: Das Unternehmen bewirbt sich bei aussichtsreichen Kandidaten – und nicht umgekehrt, wie im konventionellen Bewerbungsverfahren. Wie der Prozess des Reverse Recruiting aussehen kann und warum er strategische Vorteile für die Planung und die Unternehmensziele der Zukunft birgt, erfahren Sie in diesem Blogartikel.

Inhaltsverzeichnis

  1. Aktiv qualifiziertes Personal anwerben
  2. Fachkräftemangel in Deutschland: Chance für Reverse Recruiting
  3. Neues Rollenverhältnis: Wenn das Unternehmen die Bewerbung stellt
  4. Voraussetzungen & Ablauf des Reverse Recruiting
  5. Die Ausführung: Die passenden Bewerber erreichen
  6. Von Arbeitgebern gefunden werden
  7. Reverse Recruiting: Aufwendig aber lohnenswert

Aktiv qualifiziertes Personal anwerben

Bedingt durch den Fachkräftemangel bewerben sich immer weniger Interessenten bei den Unternehmen. Nicht nur, dass die Zahl der möglichen Bewerber insgesamt gesunken ist. Auch die Prozesse und Gewohnheiten, die die Aufnahme eines neuen Arbeitsverhältnisses begleiten, haben sich grundsätzlich geändert. Qualifizierte Bewerber gehen immer seltener aktiv in die Stellensuche und die Bewerbung: Vielmehr erwarten sie häufig, dass sie selbst angesprochen werden. Zu diesem Wandel haben auch Headhunter und das Active Sourcing im Recruiting beigetragen.

Ein weiterer Faktor, der den Wandel begünstigt, sind die gestiegenen Erwartungen der Kandidaten. Mittlerweile suchen viele qualifizierte Arbeitnehmer neben einer interessanten Beschäftigung mit einem guten Gehalt weitere Arbeitsbedingungen, die sie an ein Unternehmen binden können. Gerade die gestiegenen Erwartungen machen das Reverse Recruiting zu einer interessanten Alternative. Sie führen bereits jetzt schon dazu, dass die klassische Stellenausschreibung, aber auch das Active Sourcing etwas an Kraft und Einfluss verlieren.

Wer heute qualifiziertes Personal anwerben und längerfristig im Unternehmen halten möchte, der muss viele Erwartungen erfüllen. Arbeitnehmer wollen sich in größerem Maße als früher mit ihrem Unternehmen identifizieren können. Sie möchten Teil von etwas Größerem und Zukunftsorientiertem sein. Nachhaltigkeit, Ethik und eine gute Work-Life-Balance sind hierfür die wichtigsten Eckpfeiler. Reverse Recruiting hat das Potenzial, das eigene Unternehmen genau in diesem Licht zu präsentieren und es so attraktiv für die neue Generation von Arbeitskräften sowie für etablierte und erfahrene Fachkräfte zu machen.

Mann arbeitet an einem Server: Gesuchte Fachkraft

Fachkräftemangel in Deutschland: Chance für Reverse Recruiting

Der Fachkräftemangel in Deutschland trifft insbesondere den Mittelstand, der als das Rückgrat der deutschen Wirtschaft gilt. Hierzulande gibt es etwa 3,7 Millionen mittelständische Unternehmen, die zusammen mehr als 60 Prozent der Arbeitsplätze in der Privatwirtschaft stellen. Der Mittelstand ist ein bedeutsamer Faktor für die Exportwirtschaft Deutschlands, da viele mittelständische Unternehmen in diesem Bereich tätig sind. KMUs gelten als innovativ und flexibel, was ihnen eine wichtige Rolle bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze und der Förderung des wirtschaftlichen Wachstums in Deutschland verleiht.

Laut Studien bezeichnen 59 % der befragten Unternehmen im Mittelstand den Fachkräftemangel als “große Gefahr” für sich (Mittelstandsbarometer von Ernst & Young GmbH). Demnach suchen etwa in Berlin die Hälfte aller Mittelständler nach zusätzlichem Personal, in Hessen 48 % und in Niedersachsen 46 %. Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) ist der Fachkräftemangel im Jahr 2022 auf ein neues Rekordniveau gestiegen: Mehr als 630.000 Stellen konnten mangels qualifizierter Bewerber nicht besetzt werden. Am stärksten betroffen waren demnach die Bereiche:

  • Gesundheit und Soziales
  • Lehre und Erziehung
  • Bau, Architektur, Vermessung und Gebäudetechnik
  • Naturwissenschaft und Geografie
  • Informatik

Einen starken Anstieg beim Fachkräftemangel erleben derzeit die Bereiche:

  • kaufmännische Dienstleistungen, Warenhandel und Vertrieb
  • Hotel und Tourismus

Besonders dramatisch für Personaler und Recruiter ist dabei der Umstand, dass es umso schwieriger ist, eine Stelle zu besetzen, je höher die Qualifikation ist, die gefordert wird. Vor allem Informatiker, Elektroingenieure sowie Architekten werden händeringend gesucht. Rein rechnerisch fehlen in diesen Bereichen für neun von zehn offenen Stellen qualifizierte Arbeitskräfte. Bei solch einem engen Arbeitsmarkt müssen unorthodoxe Methoden genutzt werden – Reverse Recruiting stellt an dieser Stelle, DIE Chance dar, erfolgreich Fachkräfte zu akquirieren.

Leere Stühle in einem Konferenzraum: Wäre mit Reverse Recruiting vielleicht zu vermeiden

Neues Rollenverhältnis: Wenn das Unternehmen die Bewerbung stellt

Was ist Reverse Recruiting?

Reverse Recruiting stellt eine 180-Grad-Wendung im Bereich der Rekrutierung dar. Die Methode ist das genaue Gegenteil eines herkömmlichen Bewerbungsverfahrens. Während sich im konventionellen Prozess der Arbeitnehmer auf eine Stellenanzeige bewirbt oder eine Bewerbung schreibt, nachdem er oder sie von einem Headhunter angesprochen wurde, bewirbt sich hierbei das Unternehmen selbst bei qualifizierten Fachkräften. Die Entscheidung, ob der Prozess zu einem erfolgreichen Abschluss und einer Einstellung führt, trifft letztlich der Arbeitnehmer und nicht das Unternehmen. Das setzt natürlich voraus, dass potenzielle Arbeitnehmer sehr gut zum Unternehmen, zum Aufgabenbereich und zu den Unternehmenszielen passen. Das Unternehmen muss also zunächst eine Vorauswahl treffen und gezielt Personen ansprechen, die man einstellen möchte. Wie kann ein solcher Prozess aussehen?

→ Beim Active Sourcing muss sich der jeweilige Kandidat noch selbst beim Unternehmen bewerben. Im typischen Reverse-Recruiting-Prozesse entfällt das Erstellen von Bewerbungsunterlagen für den Arbeitnehmer komplett.

Voraussetzungen & Ablauf des Reverse Recruiting

Die Basis: Attraktive Unterlagen erstellen

Damit Reverse Recruiting erfolgreich ist, müssen Personalverantwortliche bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Gefragt ist im Grunde eine ganz neue Generation von Personalern, die eher wie Marketing-Experten oder Verkäufer denken und handeln. Sie erstellen für das Reverse Recruiting keine Stellenanzeige, sondern eine Art Bewerbungsmappe für das eigene Unternehmen. Sie müssen die Vorzüge der Firma verdeutlichen und ihre Zielgruppe kennen und bedienen können. In den entsprechenden Unterlagen sollten beispielsweise folgende Punkte herausgestellt werden, die die potenziellen Arbeitnehmer interessieren:

  • Unternehmenskultur und Diversität
  • Nachhaltigkeit, soziales Engagement und Umweltbewusstsein
  • flexible Arbeitszeiten oder die Möglichkeit, Homeoffice oder hybrides Arbeiten wahrzunehmen
  • Möglichkeiten zur Weiterbildung
  • Zuschüsse und Beteiligungen
  • Vorteile und Incentives

Hand mit Tablet, Tastatur und Bewerbungsmappe für das Reverse Recruting

Die Bewerbung des Unternehmens sollte einige formale Kriterien beherzigen. Sie sollte nicht in Form von standardisierten E-Mails oder gar als Massenmail verfasst sein. Sie sollte individuell konzipiert und auf die Fachkräfte zugeschnitten sein. Qualitativ sollte sie sich an einer sehr guten Bewerbung orientieren, indem sie:

  • keine Standardfloskeln enthält
  • alle wichtigen Informationen über das Unternehmen und die offene Stelle prägnant zusammenfasst
  • möglichst Bilder und/oder Videos vom Unternehmen enthält
  • Sorgfalt bei Rechtschreibung, Grammatik und Grafik bezeugt
  • auf einer guten Recherche basiert, etwa zum Wunsch-Kandidaten oder zu seinem aktuellen Arbeitgeber

Menschen im Gespräch: Chance fürs Recruiting

Die Ausführung: Die passenden Bewerber erreichen

Der typische Platz, um sich als Unternehmen vor einer ausgewählten Gruppe von Talenten, Fachkräften der Experten zu präsentieren, ist die Messe. Konferenzen oder fachspezifische Recruiting-Events sind ebenfalls hervorragende Gelegenheiten, die Zielgruppe aktiv kennenzulernen und anzusprechen. Einige Veranstaltungsformate haben sich mittlerweile auf das Reverse Recruiting vorbereitet und bieten eine gute Plattform hierfür. Sie sind häufig auf ein Fachpublikum zugeschnitten. Die vom Arbeitgeber gesuchten Profis werden bereits im Vorfeld selektiert, sodass Qualität und Wechselbereitschaft der Arbeitnehmer abgesichert sind. Treffen finden oftmals in eher informeller und zwangloser Umgebung statt, was zu viel Offenheit und Vertrauen bei den Gesprächen führt.

Für das Reverse Recruiting können Personalverantwortliche natürlich nach wie vor die üblichen Karriereplattformen wie Xing oder LinkedIn im Internet nutzen, um nach geeigneten Kandidaten Ausschau zu halten und diese anzusprechen. Spezielle Plattformen, die sich auf Reverse Recruiting ausgerichtet haben, existieren mittlerweile ebenfalls und stehen den Unternehmen zur Kontaktaufnahme kostenpflichtig zur Verfügung.

Von Arbeitgebern gefunden werden

Sie sind eine ausgebildete Fachkraft und möchten gerne beim Reverse Recruiting wahrgenommen und angesprochen werden? Im Internet finden Sie geeignete Plattformen, auf denen Sie Ihr Profil nebst Ihren Qualifikationen, Ihren Erfahrungen und Ihren Ansprüchen bezüglich Gehalt, Arbeitszeit und Arbeitgeber anlegen können. Über diese Plattformen erhalten Sie dann Bewerbungen von Unternehmen. Zu den größten Plattformen zählen beispielsweise Instaffo, 4scotty oder Honeypot. Für Arbeitnehmer sind die Portale zumeist kostenlos, während die Unternehmen für die Nutzung eine Gebühr zahlen müssen.

Menschen an einem Tisch

Reverse Recruiting: Aufwendig aber lohnenswert

Die Zeiten, als sich auf den Schreibtischen der Personalverantwortlichen die Bewerbungsunterlagen stapelten und sie sich die besten Kandidaten bloß herauspicken mussten, sind vorbei. Doch obwohl das Reverse Recruiting einen durchaus höheren Aufwand bedeutet, lohnt es sich in strategischer Hinsicht. Denn es reicht heute bei Weitem nicht mehr aus, den kompetenten Experten, die Fachkraft oder das neue Talent für die Unternehmensgegenwart zu suchen. Personaler sollten gezielt planen und sich an die Talente wenden, deren Skillset in Zukunft vom Unternehmen strategisch benötigt wird. So kann das Reverse Recruiting sein volles Potenzial entfalten und sogar zu der entscheidenden Schlüsseldisziplin für die Sicherung der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens werden.

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