360-Grad-Recruiting: Allrounder-Ansatz in der Personalberatung
Bevor das Internet omnipräsent wurde, veröffentlichten Personaler ihre Stellenanzeigen hauptsächlich in Zeitungen und interessierte Bewerber schickten ihre Unterlagen per Post. Inzwischen haben sich die Recruitment-Prozesse von Grund auf geändert und vor allem: digitalisiert. Moderne Personalbeschaffung setzt auf zeitgemäße Akquise-Methoden, auf zukunftsweisende Tools und Recruiting-Software, um den Anforderungen des heutigen Arbeitsmarkts gerecht zu werden. Eine besonders allumfassende Strategie ist das sogenannte 360-Grad-Recruiting. Was genau verbirgt sich hinter diesem Begriff?
Inhaltsverzeichnis
- Was ist 360-Grad-Recruiting?
- Unterschied zum 180-Grad-Recruiting
- Aufgaben in der 360-Grad-Personalberatung
- Vorteile für Unternehmen und Kandidaten
- Erleichtern Tools das 360-Grad-Recruiting?
Was ist „360-Grad-Recruiting“ ? – Definition:
Beim 360-Grad-Recruiting handelt es sich um einen ganzheitlichen Ansatz mit dem Ziel, die bestmöglichen Kandidaten für eine offene Stelle zu finden und langfristig an das Unternehmen zu binden. Dafür übernimmt ein interner Recruiter oder ein externer Personalberater sämtliche Schritte im gesamten Recruitment-Prozess. Darunter fallen unter anderem die Identifikation von potenziellen Bewerbern, die Erstellung von Stellenanzeigen, die Durchführung von Vorstellungsgesprächen, die Betreuung des Vertragsabschlusses bei der Einstellung sowie eine effektive Onboarding-Phase.
Diese Methodik wird auch als „Full-Service-Recruiting“, ”End-to-End-Recruiting“ oder „Full-Desk- / Full-Cycle- Recruiting“ bezeichnet.
Was ist der Unterschied zum 180-Grad-Recruiting?
Das 360°-Modell basiert darauf, dass ein einziger Ansprechpartner sowohl für das Unternehmen, welches Stellen besetzen will, als auch für die Job-Kandidaten zuständig ist. Der 360-Grad-Berater bearbeitet die Anfragen seines Kunden (= des Unternehmens), betreibt die Kandidatensuche und präsentiert seinem Auftraggeber eine Vorauswahl an qualifizierten Talenten. Er wendet dazu parallel seine Expertise im Recruiting sowie seine Kenntnisse im Kundenmanagement an und bietet somit ein nahtloses Full-Service-Recruiting. 360°-Consultants müssen dabei sowohl gegenüber ihren Kunden als auch im Austausch mit Kandidaten über Fachwissen und Marktexpertise in der betreffenden Branche sowie über ein gutes Netzwerk verfügen.
Im Gegensatz dazu übernehmen im 180-Grad-Recruiting zwei Mitarbeiter diese Aufgaben, ein Sales-Consultant und ein Recruitment-Consultant. Der Sales-Consultant qualifiziert die Kundenanfragen von Unternehmen und der Recruitment-Consultant beginnt mit der Suche nach passenden Kandidaten. Sobald ein geeigneter Kandidat gefunden wurde, stellt der Sales-Consultant diesen dem Kunden vor. Alle nachfolgenden Schritte werden direkt zwischen Kunde, Kandidat und Sales-Consultant abgewickelt.
Komplex & facettenreich: Aufgaben in der 360-Grad-Personalberatung
Auf Kundenseite:
- 360-Grad-Personalberater gewinnen ihre Suchaufträge durch ihre Beziehungen zu Bestandskunden oder durch Kundenakquise.
- Im Qualifizierungsgespräch ermitteln sie den Bedarf und den Ablauf mit dem Auftraggeber.
- Personalspezialist und Kunde diskutieren die fachlichen und persönlichen Anforderungen an den zukünftigen Stelleninhaber sowie die Rahmenbedingungen, zum Beispiel: optimaler Zeitpunkt für die Stellenbesetzung, mögliche Vertragsgestaltung, Vergütungsrahmen etc.
- Sobald der Personalberater einen geeigneten Kandidaten gefunden hat, bespricht er dessen Eignung für die Position mit der Auftraggeber-Seite und koordiniert einen Termin für das Vorstellungsgespräch.
- Der Berater begleitet das Vorstellungsgespräch vor Ort und rundet den Termin durch eine Nachbereitung mit dem Arbeitgeber ab.
- Passen Kandidat und Job zusammen, unterstützt der Personalberater den Auftraggeber letztlich bei der Ausformung des Arbeitsvertrages und der Gestaltung des Onboardings.
Auf Kandidatenseite:
- Auf der Kandidatenseite liegt das Hauptaugenmerk von 360-Grad-Consultants auf dem Aufbau und der Pflege des Kandidaten-Netzwerks.
- Zur Akquise neuer Kandidaten nutzt der Consultant, beziehungsweise auch der Recruiter, verschiedene Kanäle (Online- und Offline-Anzeigenmarkt, Weiterempfehlungen, persönliches Netzwerk oder Active-Sourcing in Form von Direktansprache oder Social-Media-Recruiting).
- Es folgt die Qualifizierung passender Kontakte durch persönliche oder telefonische Gespräche. So kann der 360-Grad-Personalberater die fachliche und charakterliche Eignung des Kandidaten prüfen sowie dessen Wünsche und Vorstellungen ermitteln. Dies dient dem Abgleich der Eignung des Kandidaten mit den vorhandenen Suchaufträgen oder der Vorqualifizierung für zukünftige Aufträge.
- Zudem lotet der Personalberater die beruflichen als auch privaten Zukunftspläne der Fach- oder Führungskraft aus, um eine möglichst passende und attraktive Position anbieten zu können und diese Faktoren möglicherweise in die Gestaltung des Arbeitsvertrags einzubringen.
Vorteile des 360°-Recruitings für Unternehmen und potenzielle Kandidaten
Wer einen externen 360-Grad-Recruiter beziehungsweise -Consultant engagiert, entscheidet sich für einen umfassenden Allround-Service. Genauer betrachtet ergeben sich für Unternehmen und Talente die folgenden Vorteile:
- Auftraggeber und Kandidaten bzw. Bewerber haben über den gesamten Prozess einen festen Ansprechpartner. Dies garantiert einen präzisen sowie direkten Wissens- und Informationstransfer zwischen allen Parteien.
- Der Recruiter kann individuell auf die jeweiligen Anforderungen der Arbeitgeber und Kandidaten eingehen und den Vermittlungsprozess so effizient und unmittelbar wie möglich gestalten.
- 360-Grad-Personalberater in Nischenmärkten verfügen über eine signifikante Branchenexpertise und wissen als Spezialisten über Trends und Entwicklungen (im Markt oder im Netzwerk) bestens Bescheid.
- Mit ihrem 360-Grad-Blick bewerten Personalberater die Kandidaten sowohl nach fachlichen Qualifikationen als auch nach persönlichen Eigenschaften und Soft Skills. Im späteren Arbeitsverhältnis kann dies begünstigen, dass sich Mitarbeiter besser in den Job integrieren, langfristig zufriedener sind und somit auch über viele Jahre im Unternehmen bleiben.
- Für potenzielle Bewerber ergibt sich eine höhere Transparenz im Bewerbungsprozess sowie eine verbesserte Candidate-Experience, was insgesamt zu einer höheren Zufriedenheit führt.
➤ Durch den Einsatz von 360-Grad-Recruiting können Unternehmen ihre Personalbeschaffungsprozesse optimieren und somit ihre Erfolgs- und Wettbewerbs-Chancen am Arbeitsmarkt erhöhen. Gleichzeitig profitieren Kandidaten von einem klaren Bewerbungsprozess, der auch ihre individuellen Bedürfnisse berücksichtigt.
Anspruchsvolle Herausforderung: Rolle des Generalisten & Spezialisten vereinen
Während interne wie externe Recruiter früher ihren Fokus vornehmlich auf die Interviewführung und Personalauswahl richteten, sind mit den Jahren immer mehr Aufgaben Teil des Recruitings geworden, beispielsweise die Anzeigenschaltung oder das Talent-Pool-Management.
360-Grad-Recruiter fungieren als Generalisten. Sie müssen in allen Teilbereichen des Recruitings über ein hohes Maß an Expertenwissen verfügen, sei es zum Active-Sourcing, zu professionellem Personalmarketing oder zum Employer-Branding.
360-Grad-Recruiter bzw. -Personalberater besitzen für den Recruiting-Erfolg die komplette Verantwortung, weshalb eine funktionierende Selbstorganisation und ein bewusster Umgang mit der Ressource Zeit maßgeblich für sein Wirken sind. Full-Service-Recruiter meistern täglich einen anspruchsvollen Spagat zwischen dem Arbeiten als Spezialist und Generalist und entwickeln ihre eigenen Prozesse kontinuierlich weiter. Zum Beispiel durch Unterstützung von ihrem Netzwerk oder indem sie gezielt mit modernen Technologien ihren allumfassenden Service verbessern.
Inwiefern kann eine Recruiting-Software das 360°-Recruiting erleichtern?
Im Rahmen des 360-Grad-Recruitings können sowohl externe Personalspezialisten als auch Recruiter in Unternehmen auf hilfreiche Tools setzen, um den gesamten Recruiting-Prozess effizienter zu gestalten. Eine leistungsfähige Recruiting-Software ermöglicht die Automatisierung von Abläufen: Sie kann zum Beispiel bei der Kandidatensuche helfen, indem sie Talentpools, Jobbörsen und -portale durchsucht. Sie erleichtert die Administration von Bewerbungen per CV-Parsing und das Screening von Kandidaten durch automatisierte Vorabfragen und -bewertungen. Auch das Koordinieren von Online-Assessment-Centern und Video-Interviews kann eine Recruiting-Software vereinfachen. Darüber hinaus können Datenmessungen und -Analysen den Erfolg von Recruiting-Maßnahmen abbilden und dem Recruiter Verbesserungspotenziale aufdecken.
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